Haussperling-Dame vor meinem Fenster

Was weiß der Mensch eigentlich von sich selbst! Ja, vermöchte er auch

nur sich einmal vollständig, hinterlegt wie in einen erleuchteten

Glaskasten, zu perzipieren? Verschweigt die Natur ihm nicht

das Allermeiste, selbst über seinen Körper, um ihn,

abseits von den Windungen der Gedärme, dem

raschen Fluss der Blutströme, den verwickelten

Faserzitterungen, in ein stolzes gauklerisches

Bewusstsein zu bannen und einzuschließen!

Sie warf den Schlüssel weg und wehe der

verhängnisvollen Neubegier die durch

eine Spalte einmal aus dem

Bewusstseinszimmer

Heraus und hinab

zu sehen

vermöchte

und die jetzt

ahnte, dass auf dem

Erbarmungslosen, dem

Gierigen, dem Unersättlichen,

in der Gleichgültigkeit seines Nichtwissens,

und gleichsam auf dem Mörderischen der Mensch ruht,

in der Gleichgültigkeit des Nichtwissens, und gleichsam auf dem Rücken eines Tigers in

Träumen hängend. Woher in aller Welt, bei dieser

Konstellation der Trieb zur Wahrheit!

Gregor Fraissl

One thought on “Friedrich Nietzsche „Lüge und Wahrheit im außermoralischen Sinne“

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Loading...

Es ist schwer, es zugleich der Wahrheit und den Leuten recht zu machen. - Thomas Mann